Konfliktdynamik – die Irrationalität von eskalierten Konflikten

Ich möchte mit einem Beispiel beginnen, das auf den ersten Blick vielleicht unrealistisch erscheint. Es spiegelt jedoch das Ergebnis zahlreicher Experimente namhafter Konfliktforscher wider:

Zwei Parteien werden aufgefordert, ein Gebot für einen 200 € Schein abzugeben. Die Vorgabe lautet: „Wer das höchste Gebot abgibt, bekommt das Geld!“.
Die erste Partei bietet zwei Euro. Die zweite bietet vier Euro und so geht es weiter.
Der Moderator provoziert die Teilnehmer zu immer höheren Geboten. Die Stimmung heizt sich auf und die Emotionalität steigt.
Die Möglichkeit einen finanziellen Vorteil zu erlangen, gerät immer mehr in den Hintergrund.
In den Vordergrund tritt mehr und mehr der Zwang zum Siegen.
Dieser Zwang zum Siegen steigert sich und die Gebote wurden immer höher.
Das Experiment wurde beendet, als die Gebote der Teilnehmer über der ausgelobten Geldsumme lagen.

Genau das passiert, wenn starke und negative Emotionen die Kontrolle übernehmen. Es geht nicht mehr um die Sache, sondern nur noch darum den Gegner zu besiegen.
Dass der Sieg keinen Sinn macht, spielt keine Rolle mehr.

· aus Meinungsverschiedenheiten werden veritable Konflikte
· aus Konflikten ein massiver Streit.

Die Eskalationsspirale dreht sich immer weiter. Der Konflikt nimmt immer mehr „Raum“ ein! Die Lebensqualität sinkt!
Im schlimmsten Fall enden diese harmlos beginnenden Konflikte in jahrelangen, nervenaufreibenden und teuren Gerichtsverfahren.

Der bekannte österreichische Ökonom und Konfliktforscher Friedrich Glasl, hat die Eskalation von Konflikten untersucht und sie in 3 Phasen und 9 Stufen unterteilt.


Die 9 Stufen der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl

3 Ebenen und 9 Stufen der Konflikteskalation nach Glasl. Quelle: Wikipedia

Die Konflikte der Stufen 1-3 sind noch friedlich untereinander zu lösen.
Ab Stufe 4 benötigen die betroffenen Parteien externe Unterstützung, um ihren Konflikt lösen zu können.
· Stufe 1-3: eigenständige Konfliktlösung ist noch möglich
· Stufe 4-6: Konfliktlösung nur durch externe professionelle Mediation möglich
· Stufe 7-9: Hilfe nur noch durch einen Machteingriff von außen möglich (Gerichtsverfahren, Schiedsgericht)

Schafft man es nicht den Konflikt frühzeitig zu lösen besteht die Gefahr, dass er die Eskalationsstufen durchwandert und ohne Machteingriff von außen nicht mehr lösbar ist.
Externe, ausgebildete Mediatoren helfen diese Konflikte zu lösen, bevor sie unlösbar werden. Ein professionelles Mediationsverfahren unterstützt bei einer eigenverantwortlichen Lösung durch Interessensausgleich.
Eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Mediation ist die Bereitschaft aller Konfliktparteien, nach einer Lösung für den Konflikt zu suchen.
Diese Bereitschaft ist bei eskalierenden Konflikten zu Beginn oft nicht vorhanden.

Stellt man sich jedoch die Frage – „Wie geht es weiter, wenn der Konflikt nicht gelöst wird?“ – und gibt sich darauf eine ehrliche Antwort, steigt in den allermeisten Fällen die Bereitschaft für einen einvernehmlichen Lösungsversuch. Auch wenn es in dieser Phase oft keine Gesprächsbasis zwischen den Konfliktparteien gibt.
Professionelle MediatorInnen unterstützen dabei, diese Gesprächsbasis wieder herzustellen und gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

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